Wer zahlt den Schaden, wenn ein 9-jähriges Kind mit einem Fahrrad die Vorfahrt verletzt und mit Pkw kollidiert?

Verkehrsrecht

Ein 9-jährige Junge fuhr mit seinem Fahrrad in einem verkehrsberuhigten Bereich nahe der elterlichen Wohnung. Er nahm einem PKW Fahrer die Vorfahrt, so dass es zur Kollision kam. Der Eigentümer des Pkws verlangt Schadensersatz.

Das LG Saarbrücken hatte mit Urteil vom 13.02.2015 unter dem Az. 13 S 153/14 folgenden Fall entschieden:

Beinahe jeder dürfte den Satz kennen: „Eltern haften für ihre Kinder!"

So leicht ist es aber nicht. Zunächst ist zu berücksichtigen, dass § 828 Abs. 2 BGB ein Haftungsprivileg für minderjährige Kinder, die das siebente, aber nicht das zehnte Lebensjahr vollendet haben, beinhaltet. Während Kinder, die das siebente Lebensjahr nicht vollendet haben für einen Schaden, den sie einem anderen zufügen überhaupt nicht verantwortlich sind, gilt das für die oben genannten Altersgruppen aufgrund des Haftungsprivilegs für Schäden, die sie bei einem Unfall mit einem Kfz, einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn einem anderen zufügen.

Hat man also einen Unfall mit einem 9-jährigen wie hier, so bleibt man auf seinem Schaden sitzen, auch wenn man den Unfall nicht verschuldet hat. Es sei denn, es haften tatsächlich die Eltern. Das ist aber immer nur dann der Fall, wenn die Eltern ihre Aufsichtspflicht verletzt haben. Für diese Fälle existiert eine eigene Vorschrift nämlich § 832 BGB (Haftung des Aufsichtspflichtigen). Die Ersatzpflicht der Eltern tritt nach dieser Vorschrift immer dann nicht ein, wenn sie ihrer Aufsichtspflicht genügt oder wenn der Schaden auch bei gehöriger Aufsichtsführung entstanden sein würde.

Dies gilt übrigens in allen Fällen, nicht nur im Straßenverkehr. Häufig zu sehende Schilder mit dem Hinweis „Eltern haften für der Kinder“ sind daher relativ sinnlos.

Das Landgericht Saarbrücken hat in seiner Entscheidung eine Haftung der Eltern verneint und die Klage abgewiesen. Begründet wurde dies damit, dass schulpflichtige Kinder ab dem sechsten Lebensjahr grundsätzlich allein am Straßenverkehr teilnehmen dürften, sofern sie das Fahrradfahren beherrschen. Außerdem müssten sie durch die Eltern über die Regeln und Gefahren des öffentlichen Straßenverkehrs belehrt worden sein. Größere Freiheiten dürften den Kindern nach Ansicht des Gerichts gewährt werden, wenn sie sich in einem verkehrsberuhigten Bereich bewegen. Bei solchen Zonen soll es sogar genügen, wenn das Kind über die allgemeinen Gefahren des Straßenverkehrs und den maßgeblichen Grundsatz der gegenseitigen Rücksichtnahme auch gegenüber Autofahrern aufgeklärt worden seien. Da die Eltern im zu entscheidenden Fall diesen Anforderungen nachgekommen seien, habe keine Aufsichtspflicht Verletzung vorgelegen.

Pech für den Eigentümer des Pkws. Den Schaden an seinem Fahrzeug hat er nunmehr selbst zu tragen.